A Life in Music – José Carreras im Wiener Konzerthaus

A Life in Music – José Carreras im Wiener Konzerthaus

A Life in Music. Im Rahmen seiner Final World Tour trat José Carreras im Wiener Konzerthaus auf und erntete viel Applaus beim Wiener Publikum.

A Life in Music – José Carreras auf Welt-Tournee

A Life in Music ist das Motto der Final World Tour, mit der sich der katalanische Startenor José Carreras (mit bürgerlichem Namen Josep Carreras) nach und nach von seinem Publikum verabschieden möchte. Im Rahmen seiner Abschiedstournee möchte Carreras noch einmal in allen Städten dieser Welt auftreten, in denen er im Laufe seiner langen Karriere so große Erfolge feiern durfte. Wie er jedoch selbst einräumte, kann sich diese Abschiedstournee durchaus noch über etwa zwei Jahre hinziehen.

Laut Ankündigung sollte der Auftritt des Tenors im Wiener Konzerthaus nun auch der Abschied von seinem treuen Wiener Publikum sein. Doch war es tatsächlich der endgültige Abschied von Wien? Nach einem „Abschied“ im wahrsten Sinne des Wortes fühlte sich die Stimmung im Konzertsaal eigentlich nicht an. Wie auch immer – an diesem Abend im Wiener Konzerthaus lief Carreras noch einmal zu Hochform auf. Die Stimme klang ausgeruht und kraftvoll, so dass man allein von der stimmlichen Disposition her nicht auf das wahre Alter des Sängers schließen würde. Nach wie vor verfügt Carreras über eine sehr schöne Mittellage, für die ihn nicht nur seine Fans, sondern auch Fachleute immer schon bewundert haben. In der oberen Mittellage haben seine Töne immer noch Strahlkraft und Präsenz – auch wenn er in seinen Konzertprogrammen die extremen „acuti“ (jene exponierten Hochtöne, die jeder Sänger aus den italienischen Belcanto-Opern kennt und fürchtet) lieber vermeidet.

Während der Darbietungen des Tenors, der an diesem Abend von zwei Sängerinnen und einem großen Orchester begleitet wurde, wurden auf einer großen Leinwand über der Bühne die verschiedenen Stationen seiner Karriere eingeblendet. Dabei wurde auch sein 66 Bühnenwerke umfassendes Opernschaffen in wechselnden Szenenfotos gewürdigt.

Mediterrane Passion

Das Programm für sein Abschiedskonzert im Wiener Konzerthaus hatte José Carreras wie immer klug und mit viel Bedacht zusammengestellt. Dabei hatte er bewusst jene Arien und Kanzonen ausgewählt, in denen seine mediterranen Wurzeln und seine stimmlichen Möglichkeiten besonders gut zur Geltung kommen. Bereits im ersten Teil seines Programms wurde klar, dass Carreras’ wohlklingende Stimme nach wie vor über Nuancenreichtum und Ausdrucksstärke, aber auch Geschmeidigkeit und Flexibilität verfügt.

In „Canción Húngara“ aus der Zarzuela „Alma de Dios“ von José Serrano und „Eco de tu voz“ von Isaac Albéniz überzeugte Carreras mit guter Stimmpräsenz und energiegeladenem Vortrag. Die Übergänge zwischen dramatischer Diktion und zartem Piano gestaltete er mit der gewohnten Intensität und Ausdrucksstärke. Eine gute Wahl war auch die weniger bekannte Kanzone „Serenata sincera“ von Alessandro Derevitsky im zweiten Teil des Programms. Die italienische Romanze, die bereits von Carlo Bergonzi und Giuseppe di Stefano eingespielt wurde, ist auch für Carreras’ Stimme bestens geeignet. Das „Singen mit der Seele“ und mediterraner Leidenschaft ist nach wie vor das besondere Geheimnis der langen und erfolgreichen Karriere von José Carreras. Dies zeigte sich einmal mehr im Lied „T’estimo“ von Edvard Grieg (der katalanischen Version von „Ich liebe dich“).

Eine besondere Überraschung hielt José Carreras für das Wiener Publikum zum Ende des ersten Teils bereit: Nachdem der Tenor sich in den vergangenen Jahren verstärkt den dramatischeren Partien – dem sogenannten „Spinto“-Fach – gewidmet hatte, wagte er sich noch einmal an das klassische italienische Belcanto-Repertoire heran. Mit der schwierigen Arie „O come il fosco impetuoso nembo – Quell’alme pupille“ aus der Oper „La pietra del paragone“ (Der Prüfstein) von Gioacchino Rossini – im wahrsten Sinne des Wortes ein Prüfstein für jeden Tenor – demonstrierte Carreras, wie wichtig die italienische Belcanto-Technik für eine lange Karriere und die Gesunderhaltung der Stimme ist.

Angesichts der Tatsache, dass Carreras mit dieser Rossini-Arie bereits in jungen Jahren brilliert hatte, wusste man zunächst nicht, was von diesem späten „Ausflug“ ins Reich des klassischen italienischen Belcanto zu erwarten war. Doch Carreras strafte wieder mal alle Skeptiker Lügen: Seine Stimme ist auch mit 70 noch flexibel genug, um selbst diese Herausforderung zu meistern! Das Rezitativ gestaltete er mit der für ihn so charakteristischen Intensität und Leidenschaft, aber auch die schwierigen Koloraturen in der großen Arie bewältigte er mit Geschmeidigkeit und guter Atemkontrolle – was für einen Spinto-Tenor keineswegs selbstverständlich ist. Kein Wunder also, dass Carreras nach dieser Arie beim opernkundigen Wiener Publikum begeisterten Applaus erntete!

Im Terzett mit zwei Sängerinnen

Die Gesangsdarbietungen von José Carreras wurden an diesem Abend ergänzt durch Valentina Nafornita (Sopran) und Lena Belkina (Mezzosopran). Beide Sängerinnen sind dem Wiener Publikum bereits durch ihre Auftritte an der Wiener Staatsoper bekannt. Im Duett „Je te veux“ von Eric Satie harmonierte Valentina Nafornitas Sopran sehr gut mit Carreras’ Tenorstimme. Die Sopranistin überzeugte außerdem mit der lyrischen Arie „Song to the moon“ (Lied an den Mond) aus der Oper „Rusalka“ von Antonín Dvořák sowie mit der Koloraturarie „Les filles de Cadiz“ von Leo Delibes.

Mühelos und geschmeidig bewältigte die ukrainische Mezzosopranistin Lena Belkina die schwierigen Koloraturen in den beiden Arien „Naqui all’affanno – Non più mesta“ aus der Oper „La Cenerentola“ von Gioacchino Rossini und „Carceleras“ aus der Zarzuela „Las hijas del Zebedeo“ von Ruperto Chapí. Bei einer solchen Besetzung – mit Sopran und Mezzo – durfte natürlich auch die berühmte Barcarole aus „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach nicht fehlen! Das beschwingte Duett der beiden Sängerinnen war eine schöne Abwechslung im Programm.

Zum krönenden Abschluss präsentierte sich José Carreras zusammen mit den beiden Sängerinnen im Terzett: In einem großen Klassik-Medley begeisterten die drei Interpreten mit berühmten Opernarien und Romanzen aus dem mediterranen Sprachraum. Nach der Arie „Vesti la giubba“ aus der Verismo-Oper „I Pagliacci“ von Ruggero Leoncavallo gab es viel Zwischenapplaus für José Carreras. Den Höhepunkt des Medleys bildete das von den drei Interpreten gemeinsam gesungene „Brindisi“, das berühmte Trinklied aus „La Traviata“ von Giuseppe Verdi.

A Life in Music - Carreras, Nafornita, Belkina
José Carreras mit Valentina Nafornita und Lena Belkina. – Foto: Sylvia Kreye (22.03.2017)

Dirigent und Orchester

Begleitet wurden Carreras und die beiden Sängerinnen vom Ambassade Orchester Wien unter der Leitung von David Giménez. Der Dirigent und das Ensemble hatten den Tenor bereits in früheren Konzerten begleitet und erwiesen sich auch an diesem Abend als kompetente, zuverlässige Partner. Ein paar leichte Divergenzen im Zusammenspiel zwischen Sänger und Orchester (so zum Beispiel am Anfang von „T’estimo“) waren vermutlich auf die akustischen Verhältnisse im Saal zurückzuführen und hatten auf den Gesamteindruck keinen wesentlichen Einfluss.

Mit der Farandole aus der Arlésienne-Suite von Georges Bizet, dem Intermezzo aus der Oper „Manon Lescaut“ von Giacomo Puccini und dem Walzer Nr. 2 aus der Jazz-Suite von Dmitri Shostakovich sorgte das Ambassade Orchester Wien unter der Leitung von David Giménez für orchestrale Höhepunkte.

Der Tenor und sein Wiener Publikum

Die große Zuneigung zwischen José Carreras und seinem Wiener Publikum war auch an diesem Abend im Konzerthaus wieder hautnah zu spüren. Die Wiener lieben „ihren“ Carreras wie kaum einen anderen Sänger und belohnten ihn wie immer mit enthusiastischem Applaus und standing ovations.

Die Veranstaltung war restlos ausverkauft. Dennoch vermisste man im Publikum einige der langjährigen und besonders treuen Carreras-Fans. Dies lag vermutlich daran, dass sich viele Fans (vor allem die älteren, von denen ein Großteil bereits in Pension ist) die hohen Eintrittspreise schlicht und einfach nicht mehr leisten können. Es ist schade, dass durch die überhöhten Kartenpreise (bis über 200 Euro!) nicht nur junge Leute, sondern teilweise auch die echten Appassionati vom Konzertbesuch abgehalten wurden. Ein zusätzliches Angebot an günstigen Sitz- oder Stehplätzen – wie etwa in der Staatsoper oder im Musikverein – hätte hier vielleicht Abhilfe schaffen können.

Ein Leben für den Gesang

Bei seinem Abschiedskonzert im Wiener Konzerthaus zog José Carreras noch einmal alle Register seiner Gesangskunst und zeigte, dass mit seiner schönen Stimme immer noch zu rechnen ist. Mit 70 Jahren noch ein solches Programm zu absolvieren und über eine derartige stimmliche Präsenz zu verfügen, ist eine beachtliche Leistung, die selbst manch einen jüngeren Sänger in den Schatten stellt! Das Wiener Publikum wusste es jedenfalls zu schätzen. José Carreras bedankte sich bei seinen Fans mit einem Extraprogramm aus vielen Zugaben, die er sich jedoch in seiner bescheidenen Art mit seinen beiden Sängerkolleginnen Valentina Nafornita und Lena Belkina teilte.

Wer José Carreras an diesem Abend im Konzerthaus erlebte, wird sich mit Recht fragen, ob dies tatsächlich der letzte Auftritt des Tenors in Wien gewesen sein soll. Denn der beliebte Sänger präsentierte sich in einer Verfassung, die den Gedanken an einen Abschied noch nicht so recht aufkommen lassen wollte. Hier gewann man einmal mehr den Eindruck, dass der leidenschaftliche Katalane Josep Carreras, der sein Leben dem Gesang verschrieben hat, es einfach noch nicht lassen kann. Das Wort „Abschied“ ist also – speziell im Falle Carreras – mit einem gewissen Vorbehalt zu benutzen!

Doch naturgemäß hat alles einmal ein Ende – das ist der Lauf der Dinge! Ein Sprichwort sagt: Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören. Und natürlich darf auch ein José Carreras, der für die Opernwelt so Großartiges geleistet hat, irgendwann einmal in den wohlverdienten Ruhestand gehen! – Doch was auch immer kommen mag: Der Abend im Wiener Konzerthaus war geprägt von einer besonderen Atmosphäre, von dem gewissen Etwas, wie man es nur bei ganz großen Sängern erlebt – ein Ereignis, das man nicht so schnell vergessen wird.

Die gleichnamige CD zur Abschiedstournee „A Life In Music“ mit José Carreras ist im Handel erhältlich und kann auch online bei Shop24Direct bestellt werden:

https://www.shop24direct.at/produkt/a-life-in-music-118028

                                                                                              Sylvia Kreye

Big Screen: Danke, Wien!
Großleinwand für José Carreras im Konzerthaus: Danke, Wien! – Foto: Sylvia Kreye (22.03.2017)

6. Dezember | Adventskalender

Der musikalische Adventskalender

6. Dezember

 Zum Nikolaustag

Heute ist Nikolaustag! Daher wollen wir es nicht versäumen, dem braven Nikolaus ein paar Zeilen zu widmen. Im musikalischen Adventskalender von Lingua & Musica geht es heute um den Heiligen Nikolaus von Myra und ein bekanntes Nikolaus-Lied.

In den Niederlanden wird der heilige Nikolaus Sinterklaas genannt. Dort bringt er schon am 5. Dezember die Geschenke, in Belgien beschenkt er am 6. Dezember die Kinder.

In einigen orthodoxen Landeskirchen wird der 6. Dezember nach dem julianischen Kalender gefeiert, was dem 19. Dezember des gregorianischen Kalenders entspricht. Auch in Serbien wird der Nikoljdan am 19. Dezember gefeiert. Im frühen 8. Jahrhundert erreichte der Nikolauskult Italien und im 10. Jahrhundert auch den deutschsprachigen Raum. 

Doch wer ist eigentlich dieser heilige Nikolaus, der bei uns alljährlich am 6. Dezember die Kinder beschenkt?

6. Dezember - Nikolaus von Myra, russische Ikone
Nikolaus von Myra (russische Ikone von Alexa Petrow, 1294, Museum Nowgorod), Aleksa Petrov [Public domain], via Wikimedia Commons

Nikolaus von Myra

Nikolaus von Myra ist einer der bekanntesten Heiligen der Ostkirchen und der lateinischen Kirche. Der heilige Nikolaus ist Landespatron von Russland, Schutzpatron der Kinder und Schüler, der Mädchen und Frauen, der Reisenden und Seeleute.

Nikolaus von Myra (altgriech. Νικόλαος Μυριώτης, Nikolaos Myriotes), wurde zwischen 270 und 286 in Patara geboren und starb am 6. Dezember des Jahres 326, 345, 351 oder 365. (Die Quellenangaben bezüglich des Geburts- und Sterbejahres sind sehr unterschiedlich.) Er wirkte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof von Myra in der kleinasiatischen Region Lykien, damals Teil des römischen, später des byzantinischen Reiches, der heutigen Türkei. Sein griechischer Name Nikólaos (aus νίκη und λαός) bedeutet Sieg des Volkes und war bereits in vorchristlicher Zeit gebräuchlich.

Legenden und Bräuche

Zahlreiche Legenden ranken sich um diesen Heiligen. Unter anderem wird ihm nachgesagt, dass er die Mitgift für die drei Töchter eines verarmten Mannes gespendet und so verhindert habe, dass diese in die Sklaverei geschickt wurden. Außerdem soll er einen Seesturm gestillt und sogar Tote zum Leben erweckt haben. Der Legende nach entsprang bei der Grablegung des heiligen Nikolaus am Kopfende des Sarkophags eine Quelle mit Salböl und am Fußende eine mit Wasser.

Der Gedenktag des heiligen Nikolaus ist mit vielen Volksbräuchen verbunden. Die bekannte Befragung der Kinder, ob sie denn auch brav gewesen seien, geht auf das Mittelalter zurück. Am Vorabend des Festes wählten Klosterschüler einen „Kinderbischof“, der bekleidet mit einer Mitra und einem Bischofsgewand,  die Klosterschule besuchte, die Kinder tadelte oder mit Süßigkeiten belohnte.

Das Befüllen der Schuhe in der Nacht zum 6. Dezember basiert auf der Legende von den drei Jungfrauen, die nachts vom Heiligen Nikolaus mit Gold beschenkt wurden (Mitgiftspende).

Ursprünglich fand auch die Weihnachtsbescherung am Nikolaustag statt. In einigen Ländern ist dies heute noch so. Erst infolge der Ablehnung der Heiligenverehrung durch die Reformation wurde die Bescherung in vielen Ländern auf Weihnachten verlegt, und infolgedessen wurde der Nikolaus als Gabenbringer vom Christkind abgelöst.

Da die Melodie des folgenden Liedes wohl jedem von uns bekannt sein dürfte, wird hier nur der Text wiedergegeben.

Wer noch mehr über den Heiligen Nikolaus wissen möchte, kann sich hier informieren:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra 

https://www.heiligenlexikon.de/BiographienN/Nikolaus_von_Myra.htm

https://www.katholisch.at/nikolaus

Lasst uns froh und munter sein

Lasst uns froh und munter sein
und uns in dem Herzen freu’n!
Lustig, lustig, tralalalala,
bald ist Niklausabend da, bald ist Niklausabend da!

Dann stell’ ich den Teller auf,
Niklaus legt gewiss was drauf!
Lustig, lustig, tralalalala,
bald ist Niklausabend da, bald ist Niklausabend da!

Wenn ich schlaf’, dann träume ich:
jetzt bringt Niklaus was für mich!
Lustig, lustig, tralalalala,
bald ist Niklausabend da, bald ist Niklausabend da!

Wenn ich aufgestanden bin,
lauf’ ich schnell zum Teller hin.
Lustig, lustig, tralalalala,
bald ist Niklausabend da, bald ist Niklausabend da!

Niklaus ist ein guter Mann,
dem man nicht g’nug danken kann.
Lustig, lustig, tralalalala,
bald ist Niklausabend da, bald ist Niklausabend da!

Eine weitere Auswahl an Nikolausliedern in der Karaoke-Version zum Mitsingen findet man auf dem YouTube-Kanal Kinderlieder / Weihnachtslieder von Muenchenmedia:

So lebt der Geist des heiligen Nikolaus von Myra auch noch in den heutigen Nikolausliedern und vor allem in den Herzen der Kinder weiter. 

Die Legende vom Heiligen Nikolaus findet man hier: 

Quelle

Die Legende vom Heiligen Nikolaus, erschienen als Buch im HERDER Verlag. 

Hörfassung, vorgelesen von Benjamin Krysmann mit einem Text von Anselm Grün, auf YouTube:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra

Bildquelle

Der heilige Nikolaus, Nikoloweibl und die Buttnmandl in Loipl, Berchtesgadener Land. – Foto: Gamsjaga, via Wikimedia Commons, Public Domain (gemeinfrei).

5. Dezember | Adventskalender

Der musikalische Adventskalender

5. Dezember

Weihnachtsbräuche in den Niederlanden

Im heutigen Adventskalender geht es um Sinterklaas – wie der Nikolaus in den Niederlanden genannt wird – und niederländische Weihnachtsbräuche. Dem Sinterklaas kommt in den Niederlanden beinahe eine größere Bedeutung zu als dem Weihnachtsmann und dem Christkind. Im Unterschied zu Deutschland, wo der Nikolaustag am 6. Dezember gefeiert wird, bringt Sinterklaas in Holland bereits am 5. Dezember die Geschenke.

Sinterklaas & Zwarte Piet

Die Gestalt des Sinterklaas geht auf den historischen Nikolaus von Myra zurück, dessen Sterbetag der 6. Dezember ist (siehe musikalischer Adventskalender vom 6. Dezember). 

Sinterklaas wird in den Niederlanden am 5. Dezember, in Belgien am 6. Dezember gefeiert. Der Sinterklaasavond (Nikolausabend) am 5. Dezember ist in einigen Provinzen der Niederlande, insbesondere in den Küstenstädten, von größerer Bedeutung als das Weihnachtsfest selbst.

In der Zeit zwischen dem letzten November-Wochenende und dem 5. Dezember stellen die Kinder einen Stiefel mit Wunschzetteln an den Kamin. Selbst für das Pferd des Sinterklaas wird eine kleine Stärkung vorbereitet: Es wird ein Eimer Wasser, Mohrrüben und etwas Heu bereitgestellt. Denn nach der Überlieferung reitet Sinterklaas auf seinem Schimmel von Dach und Dach und lässt die sogenannten Cadeutjes durch den Schornstein in die bereitgestellten Stiefel fallen. (Das niederländische Wort cadeutje ist offenbar vom französischen Wort cadeau abgeleitet und bedeutet kleines Geschenk). Sollten die Kinder einmal nicht artig gewesen sein, könnte sich aber auch ein Stück Kohle im Stiefel befinden. 

Woher kommt Sinterklaas?

Sinterklaas (Nikolaus) ist nicht nur der Geschenkebringer für die Kinder, sondern auch der Schutzpatron der Seefahrer – was gerade für die Niederlande als Seefahrernation ein wichtiger Aspekt ist.

Nach niederländischer Tradition ist Sinterklaas mit einem roten Bischofsmantel, roter Bischofsmütze und weißen Handschuhen bekleidet. Der Überlieferung nach reist Sinterklaas jedes Jahr am letzten Samstag im November mit einem Schiff aus Spanien an und reitet dann auf einem Schimmel an Land. Diese Tradition geht zurück auf die Geschichte der Niederlande: Philippe II. von Spanien, der Sohn Karls V., erbte nach dessen Tod die Niederlande, Spanien und das Königreich Sizilien. Aus dieser Zeit stammt die Überlieferung, dass Sinterklaas aus Spanien kommt. Sinterklaas kommt stets in Begleitung: Sein Knecht, der Zwarte Piet, ist immer dabei, wenn es gilt, den Kindern Geschenke zu bringen. Sinterklaas und Zwarte Piet werden bei ihrer Ankunft im Hafen stets mit Glockengeläute und viel Jubel empfangen. Dabei werden fröhliche Lieder gesungen. Selbst die niederländische Königin lässt es sich bisweilen nicht nehmen, diesem Ereignis beizuwohnen.

Pakjesavond

In den Niederlanden kommen bereits am 5. Dezember, dem Nikolausabend, alle Familienmitglieder zusammen, um zu feiern, zu essen und sich gegenseitig zu beschenken. Am pakjesavond, dem Abend der Bescherung, werden die Geschenke als sogenannte surprise (abgeleitet vom französischen Wort surprise = Überraschung) überbracht.

Nach Anbruch der Dunkelheit klopft es an der Haus- oder Wohnungstür. Wenn die Kinder dann zur Tür rennen, ist Sinterklaas jedoch bereits verschwunden. Inzwischen haben die Besucher einen Sack voller Geschenke vor der Tür abgelegt, der dann in die Wohnung geschleppt wird.

Die Geschenke sind in den Niederlanden immer sehr kreativ und aufwändig verpackt. Dabei geht es offensichtlich mehr um die Zeremonie des Auspackens als um die Geschenke selbst. Die Niederländer bereiten gern sogenannte „Schwindelpakete“ vor (wie wir sie noch von Kindergeburtstagen her kennen): In einem großen Karton steckt ein kleinerer Karton, in diesem steckt ein noch kleinerer Karton, bis zum Schluss nur noch ein kleines Kästchen oder gar eine Streichholzschachtel mit einem kleinen Geschenk zum Vorschein kommt. 

Ein besonders origineller Brauch: Jedem Geschenk wird ein selbst gedichtetes, lustiges Gedicht beigelegt, das ganz auf die individuelle Persönlichkeit, auf die Gewohnheiten und Eigenarten der beschenkten Person abgestimmt ist. Das Gedicht muss der Beschenkte selbst vorlesen, bevor er sein Geschenk auspacken darf. Das Vorlesen dieser lustigen, selbst gedichteten Verse sorgt am pakjesavond immer für große Heiterkeit!   

Sinterklaas-Lieder 

Es gibt viele Sinterklass-Lieder, die von den Kindern zum Sinterklaas-Fest gern gesungen werden. Der folgende Vierzeiler bringt die Kinderwünsche kurz und knapp auf den Punkt: 

Sinterklaas kapoentje,
Gooi wat in mijn schoentje,
Gooi wat in mijn laarsje,
Dank u Sinterklaasje.
 

Übersetzt heißt das etwa: Sankt Niklaus mit dem Kapüzchen, tue etwas in mein Schühchen, tue etwas in mein Stiefelchen, Danke dir, kleiner Sankt Nikolaus. 

Viele Sinterklaas-Lieder gehen auf Volkslieder aus dem deutschen Sprachraum zurück. 

Daar wordt aan de deur geklopt 

Das niederländische Sinterklaas-Lied Daar wordt aan de deur geklopt (Da wird an die Tür geklopft) wird nach der Melodie O du lieber Augustin gesungen, ein Ohrwurm, der auf den Wiener Straßensänger Marx Augustin (Ende des 17. Jahrhunderts) zurückgeht. Der niederländische Text wurde im Jahre 1907 von der Groninger Gesangslehrerin Johanna Veth geschrieben.

Daar wordt aan de deur geklopt
Zacht geklopt, hard geklopt
Daar wordt aan de deur geklopt
Wie zou dat zijn
Wees maar gerust mijn kind
Ik ben een goede vrind
Want al ben ik zwart als roet
‚k Meen het wel goed
Want ik kom van Sint Niklaas
Sint Niklaas, Sint Niklaas
‚k Heb voor jou mijn kleine baas
Moois in mijn zak
Was j‘ ook een stoute gast
Nu heb je opgepast
Daarom zendt Sint Nicolaas
Fijn speculaas.
Bron: De Liedjeskist

Kerstmis 

Kerstmis, wie das Weihnachtsfest auf Niederländisch heißt, hat in den Niederlanden nicht die Bedeutung wie in vielen anderen Ländern. Jedoch ist der Kirchgang an Heiligabend (Op kerstavond) oder am ersten Weihnachtstag (Op eerste kerstdag) auch in den Niederlanden ein wichtiger Teil der Kerstmis. 

Zu Kerstmis kommen alle Familienmitglieder zusammen, jedoch gibt es nach niederländischer Tradition am Weihnachtsabend keine Bescherung. Stattdessen wird ein üppiges Festmahl serviert. In vielen Familien kommen Rind- oder Wildgerichte auf den Tisch. Beliebt sind auch die Gourmetten, eine Art Raclette, bei dem Fleisch- und Gemüsestücke in kleinen Pfännchen gegart werden. 

Seit einiger Zeit jedoch gehen die Niederländer mehr und mehr dazu über, auch am Heiligen Abend Geschenke unter den Baum zu legen.

Weihnachtsbaum 

Auch in den niederländischen Wohnzimmern findet man einen Weihnachtsbaum. Dieser wird bereits am Tag nach dem Nikolausabend aufgestellt und bleibt bis zum 6. Januar, dem Fest der Heiligen Drei Könige (Driekoningen), im Wohnzimmer stehen. In vielen Familien wird in den Niederlanden ein künstlicher Baum verwendet, den man jedes Jahr wiederverwenden kann. 

Niederländische Weihnachtslieder  

Es gibt nicht viele Weihnachtslieder, die original aus den Niederlanden stammen und auch bei uns bekannt sind. Ein schönes holländisches Weihnachtslied aus dem 17. Jahrhundert ist Nu sijt wellekome, von dem hier nur die Gesangsstimme wiedergegeben wird. Die vollständige Ausgabe für Gesang und Klavier ist im Band von Kurt Pahlen, Die schönsten Weihnachtslieder aus der ganzen Welt, enthalten.

Nu sijt wellekome

Nu sijd wellekome, Noten
Nu sijt wellekome, Weihnachtslied aus Holland, 17. Jh., handschriftlich notiert von Sylvia Kreye

 

Niederländisch 

Nu sijt wellekome, Jesu lieven Heer!
Ghij komt van al soo hooghe van al soo veer.
Nu sijt wellekome van de hooghen hemel neer!
Hier al in dit aerdtrijk sijt Ghij ghe-sien noyt meer!
Kyrieleys.
Herders op den velde hoorden een nieuw liedt.
Dat Jesus was ghebooren sij wisten’t niet.
Gaet aen gheender straeten en ghij sult hem vinden klaer.
Bethlehem is de stede daer ’tis gheschiedt voorwaer.
Kyrieleys.

Deutsch 

Nun sei mir willkommen, Jesus, lieber Herr!
Du kommst zu uns von hoch und von fern daher.
Nun sei mir willkommen du vom hohen Himmelszelt,
warst du doch so lange nicht mehr auf uns’rer Welt!
Kyrieleis.
Hirten auf den Feldern hörten den Gesang:
„Klein Jesus ward geboren, nun seid nicht bang!
Gehet hin nach Bethlehem, der Weg liegt vor euch klar,
betet an das Wunder, das dort geschah fürwahr!“
Kyrieleis.

Von diesem holländischen Weihnachtslied gibt es auch eine schöne Aufnahme auf YouTube (in einer Aufnahme mit Herman van Veen, mit stimmungsvollen Impressionen von Sinterklaas und Weihnachten in Holland):

Eine Auswahl an niederländischen Weihnachtsliedern findet man auch auf der LP Kerstfeest met Heintje. Als kleine Kostprobe aus dem Album sei hier das Lied De Herdertjes Lagen Bij Nachte (Die Hirten lagen bei Nachte) angeführt. Hier ist zunächst der niederländische Text des Liedes: 

1.
De herdertjes lagen bij nachte
Zij lagen bij nacht in het veld
Zij hielden vol trouwe de wachte
Zij hadden hun schaapjes geteld
Daar hoorden zij d’engelen zingen
Hun liederen vloeiend en klaar
De herders naar Bethlehem gingen
‚t liep tegen het nieuwe jaar
2.
Toen zij er te Bethlehem kwamen
Daar schoten drie stralen dooreen
Een straal van omhoog zij vernamen
Een straal uit het kribje benee
Daar vlamd‘ er een straal uit hun ogen
En viel op het Kindeke teer
Zij stonden tot schreiens bewogen
En knielden bij Jesus neer
3.
Maria die bloosde van weelde
Van ootmoed en lieflijke vreugd
De goede Sint Jozef hij streelde
Het Kindje der mensen geneugt
De herders bevalen te weiden
Hun schaapkens aan d’engelenschaar
Wij kunnen van ‚t kribje niet scheiden
Wij wachten het nieuwe jaar (OF: En vonden het kindje daar)
4.
Ach kindje, ach kindje, dat heden
In ‚t nederig stalletje kwaamt
Ach, laat ons uw paden betreden
Want gij hebt de wereld beschaamd
Gij kwaamt om de wereld te winnen
De machtigste vijand te slaan
De kracht uwer liefde van binnen
Kan wereld noch hel weerstaan

Und hier ist die niederländische Aufnahme des Liedes in der Interpretation des jungen Heintje, die auf YouTube zu finden ist:
 

Der erwachsene Hein Simons hat dieses Weihnachtslied später nochmals in der deutschen Fassung unter dem Titel Die Hirten ruhten bei Nachte eingespielt. Es ist auf der CD Weihnachten mit Hein Simons (DA Music, 2007) festgehalten. Auch diese Fassung findet man auf YouTube:

 

Zum Schluss noch die Auflösung der Quizfrage vom 4. Dezember: 

Wie heißt der berühmte Tenor aus Katalonien, der am 5. Dezember 1946 in Barcelona geboren wurde?

Die richtige Antwort lautet:

José Carreras – in seiner katalanischen Muttersprache Josep Carreras genannt. Zu seinem 70. Geburtstag am 5. Dezember 2016 wird dem Tenor auf Lingua & Musica noch ein gesonderter Beitrag gewidmet.

Quellen

https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten_weltweit       

https://de.wikipedia.org/wiki/Sinterklaas        

http://www.brauchwiki.de/Niederländisches_Weihnachtsfest

http://www.weihnachtsmarkt.net/Weihnachtsbraeuche/Weihnachten-Niederlande.html                 

http://www.benimmregeln-reise.de/brauchtum_niederlandeweihnacht.html    

http://www.t-online.de/ratgeber/familie/familienleben/id_66509618/weihnachten-in-holland-mit-sinterklaas.html

https://www.buurtaal.de/blog/sinterklaas-1   

https://www.buurtaal.de/blog/weihnachten-in-den-niederlanden

https://www.buurtaal.de/blog/singen-fuer-sinterklaas  

https://www.studieren-weltweit.de/unterschied-nikolaus-und-sinterklaas/  

Quelle Notentext

Nu sijt wellekomeGesangsstimme, handschriftlich notiert von Sylvia Kreye, enthalten in: Kurt Pahlen, Die schönsten Weihnachtslieder aus der ganzen Welt, Hug & Co., Zürich, Edition Hug 11582, Seite 82-83. 

Bildquellen

Beitragsbild: Sinterklaas & Zwarte Piet, Michell Zappa] [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten_weltweit#/media/File:Sinterklaas_zwarte_piet.jpg  

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sinterklaas_zwarte_piet.jpg   

Video

Nu Zijt Wellekome – Dutch Christmas Song

https://www.youtube.com/watch?v=3W3AifM6cgk

Zum Copyright findet sich unter dem Video auf YouTube folgender Vermerk:

Santa dedicates this to the many different cultural traditions of Christmas. He wishes you all a Ho Ho Ho Merry Christmas and asks you to please visit Chrismayka http://www.youtube.com/user/chrismayka They have a wonderful site and provided the song and translation for Elf Lollipop Leroux to create this video. (This is part of a series of videos that inform children about Christmas traditions and cultural differences in the way this holiday is celebrated around the world.) No copy infraction intended on my videos. Thanks for watching!

Das folgende Video illustriert die niederländischen Weihnachtsbräuche sehr anschaulich. Die Erklärungen sind allerdings auf Englisch: 

 

Zum 70. Geburtstag von Josep Carreras

Zum 70. Geburtstag von Josep Carreras am 5. Dezember 2016

Josep Carreras wird 70

Anlässlich des 70. Geburtstages von Josep Carreras – besser bekannt als José Carreras – gibt es heute einen Sonderbeitrag, der dem Tenor und seinem Lebenswerk gewidmet ist.

Bereits gestern ging es im musikalischen Adventskalender um Katalonien und einige kuriose Weihnachtsbräuche. Das folgende Weihnachtslied stammt ebenfalls aus Katalonien und wird von José Carreras häufig in seinen Weihnachtskonzerten vorgetragen. Auch der Cellist Pablo Casals spielte es immer wieder in seinen Konzerten. Daher steht es am Anfang dieses Beitrages.

El Cant dels Ocells (Gesang der Vögel)

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Aus Gründen des Copyrights wurden hier nur die ersten 28 Takte der Gesangsstimme wiedergegeben. Die vollständige Ausgabe des Liedes ist im Band „The José Carreras Collection“, (C) by Wise Publications, London 1994, enthalten. Der Band ist über Music Sales Ltd., 8/9 Fifth Street, London W1V 5TZ, England, erhältlich.  

Auf YouTube ist eine schöne Aufnahme dieses katalanischen Weihnachtsliedes zu finden. Das Video dazu zeigt Stationen aus dem Leben des Tenors: 

Ein Audiomitschnitt des Liedes aus dem legendären Comeback-Konzert in Barcelona vom 21. Juli 1988 ist ebenfalls auf YouTube zu finden:

https://www.youtube.com/watch?v=d4DqRX1VXg4

Vom Konzert in Peralada am 13. August 1988 gibt es auf YouTube sogar ein schönes Video:  

https://www.youtube.com/watch?v=EbJphMBHIwA

Persönliche Begegnungen mit José Carreras

Gern teile ich an dieser Stelle meine persönlichen Erinnerungen an die vielen wunderbaren Abende, die ich selbst in all den Jahren mit José Carreras erleben durfte – und hoffentlich auch in Zukunft noch oft erleben werde.

Der Blitz hat eingeschlagen!

Es passierte etwa Ende der 70er oder Anfang der 80er Jahre, als ich anfing, mich für die Oper zu interessieren. An einem Sonntag sah ich im Fernsehen eine Übertragung der Oper La Bohème von Giacomo Puccini – mit Teresa Stratas als Mimí und José Carreras als Rudolfo. Zum ersten Mal hörte ich den Tenor José Carreras, den ich bis dahin noch gar nicht gekannt hatte. Auf Anhieb war ich von seiner Stimme und seiner Rollengestaltung begeistert. Einige Jahre später (ich glaube, es war im Sommer 1985) kam im Fernsehen eine Live-Sendung mit Hans Rosenthal. Soweit ich mich erinnere, war es eine Live-Übertragung von der Bundesgartenschau. Als Gast war José Carreras eingeladen (was ich vorher nicht einmal wusste). Ich befand mich damals gerade im zweiten Studienjahr meines Studiums am Wiesbadener Konservatorium und wohnte in einer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung in Wiesbaden-Biebrich. Während ich gerade mit meiner Bügelwäsche beschäftigt war, lief in meinem Zimmer der kleine Fernseher. „Hänschen“ Rosenthal moderierte die Sendung wie immer in seiner sympathischen, humorvollen Art. Dann kam jener Moment, der von da an meinen musikalischen Werdegang entscheidend prägen sollte: Hans Rosenthal kündigte den Auftritt eines Tenors an, der bereits auf den großen Bühnen zu Hause sei und gerade bei den Salzburger Festspielen als Don José in der Oper Carmen Triumphe gefeiert habe. Es war José Carreras, er sang in dieser Sendung die berühmte „Blumen-Arie“ aus Carmen. Von Anfang an war ich berührt von dem schönen Klang, der musikalischen Phrasierung, seiner Piano- und Legato-Kultur und der wunderbaren Führung seiner Stimme. Als er dann auch noch am Schluss der Arie das hohe b in einem innigen Piano verklingen ließ, war das einer jener Momente, in denen man sprichwörtlich eine Gänsehaut bekommt!

Der Blitz hatte eingeschlagen! Von da an wurde José Carreras mein großes Idol. In den folgenden Jahren war ich jedoch mit meinem Cello-Studium so sehr eingespannt, dass ich leider nicht alle Auftritte meines Lieblingssängers im Fernsehen mitverfolgen konnte, zumal ich neben meinem Studium auch noch als freie Mitarbeiterin in einem Musikverlag tätig war. Teure Reisen zu Carreras-Auftritten waren damals finanziell ohnehin nicht möglich.

Krankheit und Genesung

Eines Tages – es muss im Spätsommer 1987 gewesen sein – erfuhr ich, dass der berühmte Tenor José Carreras an Leukämie erkrankt war. Die Nachricht über die schwere Erkrankung meines Lieblingssängers schockierte mich und erfüllte mich mit großer Sorge. Jedoch drangen die Informationen über seinen Zustand nur sehr spärlich bis zu mir durch, zumal ich seinerzeit gerade mit meinen Examensvorbereitungen mehr als ausgelastet war. Im Frühjahr 1988, als ich gerade mein Studium beendet hatte, kam endlich die erlösende Nachricht, dass José Carreras es wohl geschafft habe, dass es ihm endlich besser gehe und er von seiner Behandlung in Amerika nach Barcelona zurückgekehrt sei. Sämtliche Medien berichteten damals über die wunderbare Genesung des Sängers und sein großartiges Comeback in Barcelona im Juli 1988. Noch im selben Jahr gründete José Carreras seine Leukämie-Stiftung in Barcelona, die Fundación Internacional José Carreras para la lucha contra la Leucemia.

José Carreras’ Gesang, seine ganze Geschichte und sein unermüdlicher Einsatz für die Leukämie-Kranken haben mich so sehr berührt, dass ich ständig daran denken musste und fast nur noch davon sprach. Schon damals hat die Begegnung mit Josés Stimme und seiner Persönlichkeit entscheidend zu meinem Entschluss beigetragen, noch Gesang zu studieren, denn spätestens jetzt wurde mir klar, dass der klassische Gesang und die Oper eigentlich schon immer meine große Leidenschaft und Berufung gewesen waren. Durch die Lektüre der Autobiographie von José Carreras wurde diese Leidenschaft noch verstärkt: 1989 schenkte mir mein damaliger Partner (als Dank für meine Hilfe bei seiner Examensarbeit) das Buch „José Carreras – Singen mit der Seele“. Dieses Buch hat mich emotional so sehr berührt und gefesselt, dass ich es in einem Zuge durchlas; ich erinnere mich sogar, dass ich während der Lektüre einige Male erst um vier oder fünf Uhr morgens ins Bett gekommen bin!

Konzerterlebnisse

Von nun an ließ ich keine Gelegenheit aus, Josés Stimme zu hören, und besorgte mir alle wichtigen Aufnahmen, die es damals auf dem Markt gab (zunächst noch als Schallplatte, später auch auf CD). Ganz besonders berührte mich seine Interpretation der Misa criolla und Navidad nuestra von Ariel Ramirez – eine Aufnahme, die im Sommer 1987, unmittelbar vor seiner Krankheit, entstanden war.

Im Herbst 1989 erfuhr ich, dass eine Tournee mit José Carreras geplant sei, die ihn im Dezember 1989 auch nach Frankfurt führen würde. Auf dem Programm standen unter anderem die Misa criolla sowie einige Weihnachtslieder. Sofort rief ich bei der Alten Oper Frankfurt an und besorgte zwei Karten für mich und meinen damaligen Partner. Das Konzert in der Alten Oper Frankfurt wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Carreras’ ausdrucksvolle Interpretation der Misa criolla hat mich berührt und fasziniert. Am Bühneneingang hatte ich damals sogar Gelegenheit, kurz mit ihm zu sprechen und ihm alles Gute zu wünschen.

Im November 1990 kam José Carreras abermals nach Frankfurt. Auf dem Programm standen diesmal Arien und Lieder mit Orchester. Da das erste Konzert im Nu ausverkauft war, wurden sogar zwei Konzerte angesetzt. Diesmal kam es sogar zu einem persönlichen Gespräch mit José Carreras hinter den Kulissen: Dank einer Geigerin des Orchesters gelang es mir, durch den Bühneneingang der Alten Oper in das Gebäude zu kommen. Ich nutzte die Gelegenheit, um mit José Carreras persönlich zu sprechen und ihm einen Scheck für seine Leukämie-Stiftung zu übergeben. Außerdem überreichte ich ihm ein selbst gebasteltes Geschenk (eine Flasche Wein, als Don José verkleidet). Über meine Spende und mein humorvolles Präsent zeigte er sich sichtlich erfreut. Durch diese kurze Begegnung muss er sich mein Gesicht wohl irgendwie eingeprägt haben, denn seitdem erkennt er mich immer und begrüßt mich sogar jedes Mal. Er scheint überhaupt ein erstaunliches Personengedächtnis zu haben.  

In den darauffolgenden Jahren fuhr ich, sooft es ging und es meine knappen Finanzen erlaubten, zu Auftritten meines Lieblingssängers. Auf den Reisen zu den Konzerten (damals noch von Wiesbaden, später von Kelsterbach bei Frankfurt aus) lernte ich auch interessante Städte kennen, in die ich sonst wohl nie gekommen wäre. Und ich lernte Italienisch und Spanisch!

Sternstunden in der Oper

Erst in den 1990er Jahren ergab es sich, dass ich José Carreras endlich auch in einigen seiner Opernrollen erleben konnte. Die Reisen nach Wien und die Vorstellungen in der Wiener Staatsoper waren jedes Mal ein unvergessliches Erlebnis. So hatte ich das Glück, José Carreras noch einmal als Rudolfo in La Bohème zu erleben, bevor er diese Rolle endgültig ablegte. Bei dieser Gelegenheit, im Juni 1993, lernte ich auch das bei Wiener Opernfreunden übliche Stehplatz-Abenteuer kennen: Ausgestattet mit einem Schlafsack, einem Picknick-Sackerl und einer Flasche Rotwein, verbrachte ich sogar eine Nacht unter den Arkaden der Wiener Staatsoper, um mich für einen der begehrten Stehplätze anzustellen – oder besser gesagt: anzulegen! Auch dieses kuriose Abenteuer gehört zu den lustigen Ereignissen, an die ich mich immer gern erinnern werde. Es folgten dann noch weitere Reisen nach Wien mit interessanten Opernvorstellungen: Fedora (1994), Hérodiade (1995), Jérusalem und Stiffelio (1996). Neben den Opernvorstellungen waren auch die Clubtreffen des Carreras Clubs Wien – mit José Carreras als Ehrengast – jedes Mal ein Erlebnis.

In Zürich durfte ich die Fedora (1994, seinerzeit sogar mit Mirella Freni als Josés Partnerin) und die Uraufführung der Oper Sly (1998) erleben. Im Sommer 1999 hatte ich bei den Opernfestspielen in Verona endlich das Glück, José Carreras in einer seiner Paraderollen zu erleben: als Don José in Carmen! Wie lange hatte ich doch auf diese einmalige Gelegenheit warten müssen! (Denn die für 1997 angesetzten Carmen-Vorstellungen in Verona hatte José Carreras leider wegen einer Grippe absagen müssen.)

Festivals & Premieren

Zu einem besonderen Höhepunkt wurde die Reise nach Barcelona im Juli 1998 zu einem Open-Air-Konzert, das anlässlich des 10jährigen Bestehens der spanischen José Carreras Leukämie-Stiftung organisiert wurde. Die einzigartige Stimmung dieser Sommernacht in der katalanischen Hauptstadt werde ich nie vergessen! Das Wetter war traumhaft, die Katalanen und die angereisten Carreras-Fans waren in Volksfeststimmung! Unvergesslich war auch Josés Aufführung der Misa criolla im Rahmen des „festival del mil.leni“ im Palau de la música catalana, im Januar 2000.

Im Februar 2004 führten mich meine Reisen abermals nach Wien, wo es ein besonderes Ereignis zu feiern gab: das 30jährige Bühnenjubiläum von José Carreras an der Wiener Staatsoper. Die Gala-Vorstellung mit Liedern von Tosti, Leoncavallo und Puccini, dem 3. Akt aus der Oper Sly von Ermanno Wolf-Ferrari und dem 4. Akt aus Bizets Carmen wurde zu einem großen Erfolg für den in Wien so beliebten Tenor, der auch an diesem Abend wieder mit standing ovations gefeiert wurde.

Ein weiterer Höhepunkt war die Matinee am 15. September 2013 in der Wiener Staatsoper, welche im Vorfeld seines 40jährigen Bühnenjubiläums an der Staatsoper veranstaltet wurde. Der Erlös der Matinee, in der neben José Carreras auch einige Sänger und Sängerinnen des Solistenensembles der Wiener Staatsoper auftraten, ging auch diesmal wieder an die Carreras Leukämie Stiftung.   

Allen Unkenrufen zum Trotz durften wir José Carreras kürzlich sogar noch einmal auf der Opernbühne erleben: In der Oper El Juez (Der Richter) von Christian Kolonovits sang er die Titelpartie des Richters. Nach der erfolgreichen Uraufführung in Bilbao und weiteren Aufführungen in St. Petersburg und Erl (Tirol) kam das Werk im Juli 2016 auch im Theater an der Wien auf die Bühne und wurde für alle Mitwirkenden zu einem großen Erfolg.

Ein besonderes Erlebnis

Eine der aufregendsten Begegnungen mit José Carreras hatte ich jedoch im Mai 2005: Der Carreras Club Wien veranstaltete anlässlich seines 20-jährigen Bestehens ein großes Clubtreffen mit José Carreras als Gast. Zusammen mit dem Salonmusikensemble Wiener Capriolen, in welchem ich damals als Sängerin und Cellistin mitwirkte, war ich eingeladen, diese Veranstaltung musikalisch zu umrahmen. Wir spielten typische Wiener Musik der Strauss-Dynastie, neben anderen Komponisten vor allem Werke von Josef und Johann Strauss. Und am Schluss unserer Darbietung durfte ich meinem Idol und Vorbild Josep Carreras sogar noch ein Ständchen singen: Ich gab das Lied Wien, du Stadt meiner Träume (Wien, Wien, nur du allein) zum Besten, jedoch nicht mit dem Originaltext, sondern mit einem von mir selbst gedichteten Text, welcher ganz auf José Carreras abgestimmt war. Noch heute wundere ich mich über mich selbst, dass ich mir das damals überhaupt getraut habe! Es war wohl das aufregendste Erlebnis, das ich je mit José Carreras hatte.

Ich könnte an dieser Stelle noch weitere Erlebnisse aufzählen, doch das würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen.

Die Begegnungen mit José Carreras und seiner wunderbaren Stimme haben wesentlich zu meinem Entschluss beigetragen, nach dem Cello-Studium noch eine Gesangsausbildung zu beginnen und einige Jahre später sogar noch ein Gesangsstudium der Fachrichtung Opernrepertoire in Wien zu absolvieren. Am Ende meines Studiums konnte ich – nach vielen Entbehrungen, Höhen und Tiefen – sogar noch ein staatlich anerkanntes Diplom im Fach Opernrepertoire erwerben! Wie heißt es doch so schön: Besser spät als nie!

Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, meinem großen Vorbild José Carreras die herzlichsten Glückwünsche zu seinem 70. Geburtstag zu übermitteln und ihm für die weitere Zukunft alles Gute zu wünschen. Und mit diesen Wünschen möchte ich diesen ellenlangen Artikel nun endlich schließen!

Weitere Literatur

  • José Carreras: Singen mit der Seele, Kindler Verlag GmbH, München 1989
  • José Carreras mit Márius Carol: Aus vollem Herzen – Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik – Aus dem Spanischen von Karl A. Klewer, Siedler Verlag, München 2011
  • Josep Carreras – Ein Leben für die Musik: Ein Beitrag von Sylvia Kreye zum 70. Geburtstag von José Carreras, meinbezirk.at: http://www.meinbezirk.at/meidling/leute/ein-leben-fuer-die-musik-d1956839.html

4. Dezember | Adventskalender

Der musikalische Adventskalender

4. Dezember

Weihnachten in Katalonien

Unsere musikalische Reise führt uns heute in den romanischen Sprachraum, genauer gesagt: nach Katalonien, eine Provinz im Nordosten Spaniens. Dabei stellen wir auch zwei katalanische Weihnachtslieder und einige kuriose Weihnachtsbräuche vor. Im Mittelpunkt steht eine skurrile Krippenfigur, die es in sich hat!

Hauptstadt und kulturelles Zentrum Kataloniens ist Barcelona mit seiner großartigen Kultur und einzigartigen Architektur, welche unter dem Namen „modernismo“ bekannt ist und Jahr für Jahr zahlreiche Touristen in die katalanische Hauptstadt lockt.

Die katalanische Sprache

Zur Zeit der Militärdiktatur unter General Franco war die katalanische Sprache verboten. Offiziell durfte damals nur Kastilisch (also Spanisch) gesprochen werden. Seit dem Ende des Franco-Regimes und die Rückführung Spaniens in eine (konstitutionelle) Monarchie im Jahre 1978 ist die katalanische Sprache wieder als offizielle Staatssprache anerkannt.

Zwei schöne Weihnachtslieder aus Katalonien möchte ich in diesem Beitrag hervorheben. Das Weihnachtslied „Nit de vetlla“ (Nacht der Wache) entdeckte ich in meinem Notenarchiv.

Nit de vetlla (Nacht der Wache)

Nit de vetlla, Notentext, handschriftlich notiert von Sylvia Kreye
Nit de vetlla, Notentext, handschriftlich notiert von Sylvia Kreye. Quelle: Kurt Pahlen, Die schönsten Weihnachtslieder aus der ganzen Welt, Edition Hug 11582, Hug & Co., Zürich, Seite 49.

Katalanisch

Esta nit és nit de vetlla, esta nit és nit de vetlla,
ha nascut d’una donzella, la miran e fa sol.
Ha nascut d’una donzella, la Kirieleyson, la Kirieleyson!

Deutsch

Heute Nacht ist Nacht der Wache, heute Nacht ist Nacht der Wache,
denn aus einer Jungfrau Schoß, seht, sie strahlen wie das Licht!
Denn aus einer Jungfrau Schoß ward geboren unser Herr, ja Kyrieleison.

Das katalanische Weihnachtslied Nit de vetlla weist mit seinem melodischen Duktus und seiner Tonart (e-moll) eine gewisse melancholische Grundstimmung auf. Das scheint ein Merkmal vieler katalanischer Lieder zu sein. Auf YouTube gibt es eine schöne Aufnahme des Liedes mit dem Chor der Escolania de Montserrat:

Sehr bekannt ist auch das katalanische Weihnachtslied El Cant Dels Ocells (Gesang der Vögel), von dem es mehrere schöne Aufnahmen gibt. Der katalanische Tenor Josep Carreras singt es häufig in seinen Konzerten. Auch der Cellist Pablo Casals hat es immer wieder in seinen Solokonzerten gespielt. Hier ist eine Aufnahme mit Josep Carreras (ein Ausschnitt aus seinem Comeback-Konzert unter dem Arc de Triomf in Barcelona vom 21. Juli 1988):

Das Lied „El Cant Dels Ocells“ besteht aus vielen Strophen, welche jeweils die einzelnen Vogelarten zum Thema haben. Hier ist der Text der beiden ersten Strophen mit deutscher Übersetzung:

Katalanisch

Al veure despuntar
el major lluminar,
en la nit més ditxosa,
els aucellets cantant
a festejar-lo van
amb sa veu melindrosa.

I l’àguila imperial,
se’n vola cel endalt
cantant amb melodia
dient: – Jesús és nat
per treure’ns de pecat
i dar-nos alegria.

Deutsche Übersetzung

Während sie aufgehen sehen
das kräftigste Licht
in der glückseligsten Nacht
beginnen die Vöglein singend
zu feiern
mit ihren zierlichen Stimmen.

Und der Kaiseradler
fliegt in den Himmel hinauf
singt eine Melodie
und spricht: – Jesus ist geboren,
um von uns die Sünde wegzunehmen
und uns große Freude zu geben.

Kuriose Weihnachtsbräuche

Der Caga Tió

"caga tió" (Holzklotz), katalanischer Weihnachtsbrauch
Der „caga tió“ (Holzklotz), ein katalanischer Weihnachtsbrauch

 

Weniger melancholisch, sondern recht kurios, teils sogar etwas derb, geht es bei den Weihnachtsbräuchen in Katalonien zu.

Die eigentliche Weihnachtsbescherung findet in Katalonien (wie auch im übrigen Spanien) traditionell am 6. Januar, dem Dreikönigstag, statt.

Damit das Warten auf die Bescherung nicht allzu lang wird, gibt es für die Kinder statt eines Weihnachtsmannes den „Tió de nadal“, auch „caga tió“ genannt („tió“ wörtlich: Holzklotz, „cagar“ wörtlich: scheißen). Der Tió ist ein toter Baumstamm, der üblicherweise mit zwei Beinen, lächelndem Gesicht und einer roten Kappe (katalanisch: barretina) ausgeschmückt wird. Er wird zwischen dem 8. Dezember (Mariä Empfängnis) und Weihnachten mit Obst, Gemüse und Brot gefüllt und mit einem Tuch abgedeckt, damit er sich nicht erkältet. Am Heiligen Abend, zwischen dem Abendessen und der Christmette, singen die Kinder ein Lied und schlagen mit Stöcken auf den Baumstamm. Der Text dieses etwas derben Liedes soll den Lesern an dieser Stelle nicht vorenthalten werden.

La canción del Caga tió – das Lied vom Caga tió

Katalanisch

Caga tió,
d’avellanes i de pinyó
pixa vi blanc
de les festes de Nadal.
ara vénen festes,
festes glorioses
menjarem conill
i llebres si en tenim.
Caga tió, caga tió,
si no vols cagar,
et donaré un cop de bastó.

Deutsch

Scheiß, tió,
Haselnüsse und Pinienkerne
piss Weißwein
zum Weihnachtsfest.
Jetzt kommt das Fest,
das glorreiche Fest,
wir werden Kaninchen
und Hasen, wenn wir haben, essen.
Scheiß, tió, scheiß, tió,
wenn du nicht scheißen willst,
werde ich dich mit einem Stock schlagen.

Der Caganer

Caganer von vorn
Caganer von vorn, Wikipedia Creative Commons, Public Domain – CC0 (Mtiedemann)
Caganer von hinten
Caganer von hinten, Wikipedia Creative Commons, Public Domain – CC0 (Mtiedemann)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ebenso kurios, witzig und frivol ist eine kleine Krippenfigur mit dem Namen „caganer“ („kleiner Scheißer“). Der Caganer gehört zur katalanischen Krippe wie das Salz in die Suppe! Es handelt sich um eine kleine Figur mit heruntergelassener Hose, welche in den Krippen der Katalanen anzutreffen ist. Diese skurrile Figur steht in der Regel etwas abseits von den anderen Krippenfiguren. Trotz ihres frivolen Charakters wird sie interessanterweise sogar von den offiziellen Kirchen akzeptiert. Ursprünglich wurde die Figur mit der typischen Bekleidung der katalanischen Bauern, mit Schärpe und roter Mütze (barretina) ausgestattet. Jedoch findet man in den Geschäften auch bekannte Persönlichkeiten, die als Caganer dargestellt werden. Das folgende Foto zeigt eine kuriose Sammlung schillernder Caganerfiguren aus Prominenz und Politik.

Caganer - Katalonien
Caganers – Caganercom, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Der Caganer und seine Symbolik

Der „caganer“ („kleiner Scheißer“) ist auch ein Symbol für den Stolz der Katalanen, die sich nie fremder Herrschaft beugen! Und wenn sie sich doch einmal beugen müssen (wie so häufig in der katalanischen Geschichte), dann zeigen sie – auch mit Hilfe dieser witzigen Figur – sehr deutlich, was sie von den Gesetzen ihrer Herrscher halten! 

Als weitere Bedeutung wird vermutet, dass die Figur auch ein Sinnbild für das Düngen des Bodens, eine gute Ernte und den Kreislauf der Natur ist. Er steht aber auch symbolisch für einen ausgeglichenen und gesunden Körper. Vor einem guten Essen ist im vertrauten Umfeld der folgende Spruch durchaus üblich: „menja bé, caga fort i no tinguis por a la mort!“ (Iss gut, scheiße kräftig und fürchte dich nicht vor dem Tod!)

Für manch einen braven Mitteleuropäer mag der katalanische Humor wohl ein wenig gewöhnungsbedürftig sein; im Zuge meiner Recherchen für diesen Artikel habe ich mich jedenfalls köstlich amüsiert!

Quellen 

https://de.wikipedia.org/wiki/Spanische_Monarchie

https://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachten_weltweit

https://de.wikipedia.org/wiki/El_cant_dels_ocells

https://de.wikipedia.org/wiki/Tió_de_Nadal

 

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2f/Caganer_al_pessebre.jpg

http://www.katalonien-netz.de/168/Feiertage-Katalonien/Weihnachten-in-Katalonien.html

 

http://www.mein-barcelona.com/cagatio.html

 

http://www.mein-barcelona.com/caganer.html

Bildquellen

Wikimedia Commons

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cagatio.jpg

https://es.wikipedia.org/wiki/Caganer#/media/File:Caganer_al_pessebre.jpg

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Caganers.jpg

Quizfrage

Katalonien – das bringt mich doch gleich zum nächsten Punkt des musikalischen Adventskalenders – zu einer interessanten Quizfrage:

Wie heißt der berühmte Tenor aus Katalonien, der am 5. Dezember 1946 in Barcelona geboren wurde?

Die Auflösung gibt’s im musikalischen Adventskalender vom 5. Dezember.

3. Dezember | Adventskalender

Der musikalische Adventskalender

3. Dezember

Ein Räppchen zum Reiten

Gestern ging es in unserem musikalischen Adventskalender noch um ein Auto zum Fahren – nämlich um die BMW Isetta, jenes Rollermobil, das unter dem Spitznamen Adventsauto in die Geschichte eingegangen ist.

In unserem heutigen Adventstürchen geht es um die kleinen und großen Wünsche zum Weihnachtsfest, jedoch nicht um einen vierrädrigen fahrbaren Untersatz, sondern um ein vierbeiniges Wesen – um ein Pferdchen, genauer gesagt: ein Räppchen zum Reiten!

Dieses alte, fröhliche Weihnachtslied fand ich in meinem Notenarchiv – in einem antiquarischen Album, das im Musikverlag BREITKOPF & HÄRTEL unter der Editionsnummer E.B. 4440 erschienen ist. Es ist zwar eigentlich ein Kinderlied, da es sich jedoch um eine Rarität handelt, wurde es in den musikalischen Adventskalender aufgenommen.

Der Komponist heißt Carl Reinecke, mit vollständigem Namen: Carl Heinrich Carsten Reinecke. Er lebte von 1824 – 1910 und fällt stilistisch in die Epoche der deutschen Romantik. Carl Reinecke war Pianist, Komponist und Dirigent. Er leitete unter anderem das berühmte Gewandhausorchester in Leipzig.

Carl Reineckes Kompositionsstil ist eher konservativ und romantisch-klassizistisch. Seine Kompositionen sind stark an Mendelssohn und Schumann angelehnt. In seinen späteren Werken sind auch Einflüsse von Chopin und Brahms erkennbar. Doch auch die Wiener Klassiker, allen voran Mozart, blieben zeitlebens seine Vorbilder.

Das Weihnachtslied Ein Räppchen zum Reiten von Carl Reinecke stammt noch aus der „guten alten Zeit“, aus einer „heilen“ Welt, wie wir sie heute nicht mehr kennen. Damals gab es noch keine Handys, Fernseher und Computerspiele. Die Kinder wünschten sich vom Christkind noch Pferdchen, Püppchen, Geigen, Flöten, Glöckchen und vieles andere mehr. Das waren noch Zeiten!

Das Lied Ein Räppchen zum Reiten trägt die Opuszahl 37 und erschien ursprünglich in der Sammlung Acht Kinderlieder für eine Singstimme mit Klavierbegleitung (1. Heft) im Musikverlag Breitkopf & Härtel. 

Carl Reinecke, der musikalisch von seinem Vater Johann Reinecke ausgebildet worden war und sehr stark von der Dominanz seines Vaters beeinflusst war, liebte es, in die Welt der Kinder einzutauchen. Die Märchenwelt erschien ihm als ein Reich der Sicherheit, in das er als Kind vor dem väterlichen Zwang und auch als Erwachsener vor den alltäglichen Problemen fliehen konnte. 

Ein Räppchen zum Reiten

Ein Räppchen zum Reiten, ein Püppchen zum Kleiden,
ein Kütschlein zum Fahren, ein Büchslein zum Sparen,
zum Kochen ein Küchlein, zum Lesen ein Büchlein,
viel Steine zum Bau’n, viel Äpfel zum Kau’n
und ein Geiglein zum Greifen, ein Flötlein zum Pfeifen
und Glöcklein zum Klingen wird’s Christkindlein bringen.

LiedausschnittLiedausschnittLiedausschnittLiedausschnitt

Aus dem Notenarchiv von Sylvia Kreye (Ausschnitt)

Quelle: Weihnachts-Album für die deutsche Familie, 30 der beliebtesten Weihnachts-, Sylvester- und Neujahrslieder, hrsg. von F. H. Schneider, für Gesang und Klavier oder Klavier allein, BREITKOPF & HÄRTEL Leipzig-Wiesbaden, E.B. 4440.

Aus Gründen des Copyrights wurde hier lediglich ein kleiner Ausschnitt (nur die Gesangsstimme) wiedergegeben. – Die vollständige Version des Liedes Ein Räppchen zum Reiten (Ausgabe für Gesang und Klavier) ist im neueren Band „Unser Kind will tanzen“ im Verlag BREITKOPF & HÄRTEL, unter der Editionsnummer EB 7324, erschienen.

Ein Pferd als Weihnachtswunsch im Lied

Als Pferdefreundin konnte ich mir diese musikalische Rarität aus dem 19. Jahrhundert einfach nicht verkneifen! Auch manch ein/e Erwachsene/r würde sich wohl noch so ein Räppchen zum Reiten wünschen! Aber auch über einen Schimmel, einen Braunen, einen Fuchs oder Falben würde man sich freuen. A propos Schimmel: Wie wär’s denn zum Beispiel mit einem barocken Lipizzaner? Oder schlägt das Herz des Pferdfreundes / der Pferdefreundin wohl eher für einen temperamentvollen Araber – oder doch lieber einen gemütlichen Isländer oder Haflinger?

Doch in diesem Lied von Carl Reinecke dürfte wohl eher ein schwarzes Schaukelpferdchen gemeint sein, wie man es von historischen Bildern aus dem 19. Jahrhundert kennt. – Wie auch immer: Im Herzen sind wir wohl alle noch ein wenig Kinder geblieben, besonders zu Weihnachten! 

Beim Thema Pferd und Ein Räppchen zum Reiten wird man unwillkürlich auch noch an ein anderes Lied erinnert, das häufig zu Weihnachten gesungen wird. Es wurde von vielen Sängern interpretiert und schließlich als Schlager – insbesondere in der Interpretation von Heintje – weltbekannt: Mamatschi, schenk‘ mir ein Pferdchen von Oskar Schima. 

Oskar Schima (4. Juni 1894 in Wien, † 14. Oktober 1966 in Wien) war ein österreichischer Komponist, Musikalienhändler und Musikverleger. Er war auch einer der Gründungsmitglieder der Vereinigung Das Wiener Lied. 

Oskar Schima komponierte vor allem Wiener Lieder, seine populärste Komposition jedoch wurde sein Schlager Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen. 

Wegen des traurigen Textes von F. X. Kappus könnte man es meines Erachtens eher als Lied im Volkston denn als Schlager bezeichnen. Hier ist nun der Text von Mamatschi:

Mamatschi, schenk‘ mir ein Pferdchen

Es war einmal ein kleines Bübchen,
das bettelte so wundersüß:
„Mamatschi, schenke mir ein Pferdchen! –
Ein Pferdchen wär‘ mein Paradies.“
Darauf bekam der kleine Mann
ein Schimmel-Paar aus Marzipan.
Die sieht er an. Er weint und spricht:
„Solche Pferde wollt‘ ich nicht.“

„Mamatschi, schenk‘ mir ein Pferdchen!
Ein Pferdchen wär‘ mein Paradies.
Mamatschi, solche Pferde wollt‘ ich nicht.“

Die Zeit verging. Der Knabe wünschte
vom Weihnachtsmann nichts als ein Pferd.
Da kam das Christkindlein geflogen
und schenkte ihm was er begehrt.
Auf einem Tische stehen stolz
vier Pferde aus lackiertem Holz.
Die sieht er an. Er weint und spricht:
„Solche Pferde wollt‘ ich nicht.“

„Mamatschi, schenk‘ mir ein Pferdchen!
Ein Pferdchen wär‘ mein Paradies.
Mamatschi, solche Pferde wollt‘ ich nicht.“

Und es vergingen viele Jahre
und aus dem Knaben ward ein Mann.
Dann eines Tages vor dem Tore,
da hielt ein herrliches Gespann.
Vor einer Prunk-Kalesche standen
vier Pferde, reich geschmückt und schön.
Die holten ihm sein liebes Mütterlein.
Da fiel ihm seine Jugend ein.

„Mamatschi, schenk‘ mir ein Pferdchen!
Ein Pferdchen wär‘ mein Paradies.
Mamatschi, Trauerpferde wollt‘ ich nicht.“

Von diesem Lied gibt es ein schönes Video auf YouTube, das im Dezember 2017 zum 50-jährigen Bühnenjubiläum von Hein Simons (besser bekannt als Heintje) bei TELAMO erschienen ist. Das Besondere an dieser Aufnahme: Der erwachsene Hein Simons singt hier im Duett mit seinem jüngeren Ich.

Quelle: YouTube, Schlager für Alle/TELAMO GmbH, München 

 Morgen geht’s weiter – und das wird recht heiter!

Quellen 

Weihnachts-Album für die deutsche Familie, 30 der beliebtesten Weihnachts-, Sylvester- und Neujahrslieder, hrsg. von F. H. Schneider, für Gesang und Klavier oder Klavier allein, BREITKOPF & HÄRTEL Leipzig-Wiesbaden, E.B. 4440.

Oskar Schima: Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen (Text: F. X. Kappus), © 1938 by Ludwig Krenn Musikverlag, MELODIE DER WELT GmbH & Co. KG, Frankfurt/Main, Bestell-Nr.: 1551/01/10

https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Reinecke

http://www.carl-reinecke.de/Vita/biographiei-1.html

http://www.carl-reinecke.de/opus/opus31-40.html

https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_S/Schima_Oskar.xml

https://musik-austria.at/mensch/oskar-schima/

 

 

 

 

2. Dezember | Adventskalender

Der musikalische Adventskalender

2. Dezember

Gestern gab es im musikalischen Adventskalender von Lingua & Musica eine musikhistorische Betrachtung des Adventsliedes Macht hoch die Tür. Am Schluss des Beitrages gab es noch eine lustige Quizfrage: Welches Automobil ist als Adventsauto in die Geschichte des deutschen Wirtschaftswunders eingegangen?

Hier ist nun das sogenannte Adventsauto und die Auflösung der Quizfrage von gestern. 

Auflösung der Quizfrage vom 1. Dezember: 

Welches Automobil ist als Adventsauto in die Geschichte des deutschen Wirtschaftswunders eingegangen?  

Es war die BMW Isetta, ein Kleinauto des Herstellers BMW. Dass dieses Modell ausgerechnet den Spitznamen Adventsauto erhielt und quasi zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders wurde, hat einen besonderen Grund.

Die BMW Isetta war ein Rollermobil, das die Bayerischen Motorenwerke (BMW) von 1955 bis 1962 im Rahmen eines Lizenzvertrages mit dem italienischen Autohersteller ISO bauten. Das zwischen Motorrad und Auto einzuordnende Fahrzeug wurde auch als „Motocoupé“ bezeichnet. 

Die BMW Isetta wurde als geschlossener Zweisitzer mit Fronttür und (im Gegensatz zum dreirädrigen italienischen Original) mit vier Rädern hergestellt. Wie bei einem Kühlschrank wurde bei diesem Gefährt die Fronttür aufgeklappt. Das Lenkrad schwenkte mit der Fronttür seitlich nach vorn und ermöglichte so einen bequemen Einstieg in den Innenraum. Der italienische Originalhersteller stellte auch Kühlschränke her. Daher liegt die Vermutung nahe, dass die Konstruktion der Isetta von einem Kühlschrank inspiriert wurde.

Bei diesem Modell gingen die Türen nach oben auf (siehe Bild). Also assoziierte man dieses Auto unwillkürlich mit der ersten Textzeile des Adventsliedes „Macht hoch die Tür“.

Neben der Bezeichnung „Adventsauto“ kursierten im Volksmund damals noch weitere Spitznamen dieses kuriosen Rollermobils: Halleluja-Auto, Knutschkugel, Asphaltblase und Nuckelpinne.  Wegen der hinten deutlich engeren Spurweite wurde die BMW Isetta bisweilen auch spöttisch Schlaglochsuchgerät genannt.

Soweit zur Auflösung der Quizfrage von gestern. Mein besonderer Dank geht in diesem Zusammenhang an Markus Bastel für die Genehmigung, sein schönes Foto der BMW Isetta für diesen Beitrag zu verwenden.

Morgen geht’s weiter mit interessanten Beiträgen im musikalischen Adventskalender von Lingua & Musica. 

Quellen zum Adventsauto BMW Isetta

https://de.wikipedia.org/wiki/BMW_Isetta      

http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/124505/BMW_Isetta

Interessant ist auch der Artikel von Markus Bastel auf Google+:

https://plus.google.com/108230885074033367550/posts/7wsgu3iSJNe

Weiterführende Quellen & Literatur

Informationen zu BMW

Definition Großserie (Diagramm auf Seite 5)

Horst Seehofer in einer Rede vom 20. Mai 2010

Werner Oswald: Alle BMW Automobile seit 1928. Motor Buch Verlag, S.      112 und S. 144.

Andy Schwietzer und Manfred Seehusen: Isetta: Ein Auto bewegt die Welt.

Bildquelle Beitragsbild

Markus Bastel, veröffentlicht auf Google+, 10.03.2016

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Macht hoch die Tür

Nach diesem kleinen Ausflug in die Zeit der goldenen 50er Jahre und des deutschen Wirtschaftswunders wollen wir in die Welt der Musik zurückkehren. Hier kommt noch einmal die Melodie des Adventsliedes „Macht hoch die Tür“ (mit dem Text der ersten Strophe):

Macht hoch die Tür, handschriftlich notiert von Sylvia Kreye

Bild: Noten und erste Strophe zum Adventslied „Macht hoch die Tür“ (handschriftlich notiert von Sylvia Kreye)

Und zum Abschluss kommt nun noch ein schöner musikalischer Beitrag des passenden Liedes zum Advent sowie zum legendären Adventsauto, diesmal mit dem Windsbacher Knabenchor und dem Modern Slide Quartett unter der Leitung von Martin Lehmann, im Rahmen des Weihnachtskonzerts von MUSIK MERAN: 

Eine schöne, festliche Adventszeit wünscht Sylvia von Lingua & Musica.

1. Dezember | Adventskalender

Musikalischer Adventskalender

1. Dezember

In unserem musikalischen Adventskalender vom 1. Dezember geht es um das Adventslied Macht hoch die Tür, welches dank seiner schönen, einprägsamen Melodie in den christlichen Kirchen eine lange Tradition hat. – Advent: Das ist jene Zeit, in der sich die Christen auf die Geburt Jesu Christi vorbereiten. Mit dem 1. Advent beginnt auch das neue Kirchenjahr.

Doch neben der musikhistorischen Betrachtung des Adventsliedes gibt’s am Schluss dieses Beitrages noch eine lustige Quizfrage.

Macht hoch die Tür

1. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;
es kommt der Herr der Herrlichkeit,
ein König aller Königreich,
ein Heiland aller Welt zugleich,
der Heil und Leben mit sich bringt;
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Schöpfer reich von Rat.

2. Er ist gerecht, ein Helfer wert;
Sanftmütigkeit ist sein Gefährt,
sein Königskron ist Heiligkeit,
sein Zepter ist Barmherzigkeit;
all unsre Not zum End er bringt,
derhalben jauchzt, mit Freuden singt:
Gelobet sei mein Gott,
mein Heiland groß von Tat.

3. O wohl dem Land, o wohl der Stadt,
so diesen König bei sich hat.
Wohl allen Herzen insgemein,
da dieser König ziehet ein.
Er ist die rechte Freudensonn,
bringt mit sich lauter Freud und Wonn.
Gelobet sei mein Gott,
mein Tröster früh und spat.

4. Macht hoch die Tür, die Tor macht weit,
eu’r Herz zum Tempel zubereit’.
Die Zweiglein der Gottseligkeit
steckt auf mit Andacht, Lust und Freud;
so kommt der König auch zu euch,
ja, Heil und Leben mit zugleich.
Gelobet sei mein Gott,
voll Rat, voll Tat, voll Gnad.

5. Komm, o mein Heiland Jesu Christ,
meins Herzens Tür dir offen ist.
Ach zieh mit deiner Gnade ein;
dein Freundlichkeit auch uns erschein.
Dein Heilger Geist uns führ und leit
den Weg zur ewgen Seligkeit.
Dem Namen dein, o Herr,
sei ewig Preis und Ehr.

(Aus dem Gesangbuch J. A. Freylinghausen, Halle 1704, Text von Georg Weißel)

Das Adventslied Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, wird sowohl in der evangelischen als auch in der römisch-katholischen Kirche gesungen und ist aus keinem Adventskonzert wegzudenken. In der Evangelischen Kirche ist das Adventslied die Nummer 1 im Evangelischen Gesangbuch (bzw. die Nummer 6 den älteren Ausgaben). In der römisch-katholischen Kirche findet man es im „Gotteslob“ unter der Nummer 218 (bzw. unter der Nummer 107 in den älteren Ausgaben). Auch in der neuapostolischen Kirche und in evangelischen Freikirchen wird es gesungen.

Der Text stammt von Georg Weissel (1590 – 1635) und ist angelehnt an den Psalm 24 der Übersetzung Martin Luthers: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ Der Liedtext wurde 1623 anlässlich der Einweihung der Altroßgärter Kirche in Königsberg verfasst und auch in andere Sprachen übersetzt. Am bekanntesten ist wohl die englische Übersetzung von Catherine Winkworth aus dem Jahr 1853 unter dem Titel: Lift up your heads, ye mighty gates. Es gibt auch eine dänische Übersetzung: Gør døren høj, gør porten vid von Nils Johannes Holm (1829), der das Lied auf 7 Strophen erweiterte. Seit 1945 ist der dänische Text auch in einer Bearbeitung von Nikolai Frederik Severin Grundtvig in dänischen Kirchengesangbüchern enthalten. 

Der biblische Psalmtext war ursprünglich auch Teil der israelitischen Liturgie und nimmt Bezug auf den Einzug der Bundeslade in den Tempel. 

Die Melodie des Adventsliedes Macht hoch die Tür tauchte erstmals im Freylinghausen’schen Gesangbuch von 1704 auf. Johann Anastasius Freylinghausen war ein Theologe der pietistischen Halleschen Schule. Musikhistorisch gehört das Lied also noch der Epoche des Barock an. 

Besonders stimmungsvoll und festlich klingt dieses Adventslied, wenn es in voller Besetzung mit Chor und Orchester ausgeführt wird. Vielen Menschen ist dieses traditionelle deutsche Adventslied vielleicht gar nicht mehr so bekannt.  

Dies ist ein Grund mehr, an dieser Stelle – passend zum heutigen „Türchen“ – noch ein schönes Video zu teilen. Wir hören das Lied Macht hoch die Tür, gesungen vom Chor der Dresdner Frauenkirche:

Soweit die musikhistorischen Betrachtungen zum Adventslied Macht hoch die Tür. 

Doch nun zu unserer lustigen Quizfrage:

Welches Automobil ist als „Adventsauto“ in die Geschichte des deutschen Wirtschaftswunders eingegangen?  

Morgen gibt’s die Auflösung auf der Homepage von Lingua & Musica!

Quellen

Evangelisches Kirchengesangbuch, Neuausgabe 1993-1996, Nr. 1 (ehemals Nr. 6)

Katholisches Kirchengesangbuch, Gotteslob, Neuausgabe 2013-2014, Nr. 218 (ehemals 107)

Weihnachtslieder – Vollständige Klavierausgabe zum Quempas-Buch, Bärenreiter-Ausgabe 3500, © 1964 by Bärenreiter-Verlag Kassel

https://de.wikipedia.org/wiki/Macht_hoch_die_Tür